REPULSION
GB'1964, 101 Min., Regie: Roman Polański,
Buch: Roman Polański und Gerard Brach, Kamera: Gilbert Taylor, Darsteller: Catherine Deneuve,
Yvonne Furneaux, Ian Hendry, John Fraser, Patrick Wymark.
Carols Ekel und Einsamkeit wird durch die Kamera
zur eigenen Angst der Zuschauer. Der Wahnsinn erscheint nicht als
Einzelschicksal, sondern als Krankheit der Gesellschaft.
Roman Polański holt als 31jähriger in seinem
zweiten Auslandsfilm zu einem perfiden Schlag gegen die kleinbürgerliche
Sehnsucht nach Harmonie und alltäglicher Geborgenheit aus. Er webt um Carol ein
sich verdichtendes Netz aus banalen Merkwürdigkeiten und Irritationen, schafft
einen sich beschleunigenden, suggestiven Strudel aus Zufällen und
Gesprächsfetzen, die in ein Konglomerat aus Bedrohung und Pervertierung münden
und sich in einer Orgie aus schockierendem Irrsinn und aufbrechender Erstarrung
entladen - mit tödlicher Konsequenz. Meisterhaft jongliert er mit
"Nichtfassbarem", zerreißt mit ausgeklügelter Regie und Kameraarbeit, mit
schrägen Perspektiven, dämonischen, akustisch-visuellen Verzerrungen die
Realität und zwingt den Zuschauer in Carlos subjektive Sicht, in die beklemmende
Doppelbödigkeit ihrer Umgebung, in ihr schleichendes Misstrauen, in ihre
Verwirrung, die schließlich in wilde Abwehr des Ekels umschlagen.
Polański lässt
Carols Wohnung, die im Laufe des Films zunehmend verwahrlost, im Studio mit
flexiblen Wänden exakt nachbauen, um die verzerrte Wahrnehmung des Mädchens
adäquat in alptraumartige Dimensionen umzusetzen. So streckt er den Flur in
einen endlosen Tunnel, das Wohnzimmer in düstere Weiten, lässt Risse knallend
durch Mauerwerk brechen, Wände wie Lehm bröckeln, und beschreibt mitleidlos, wie
zwei Männer in Carols zerbrechendes Refugium eindringen und eine Katastrophe
auslösen.
Der Hauswirt will sich Carol gewaltsam nähern.
Die Kamera nimmt den verstörenden Blickwinkel der labilen Protagonistin ein.
Die schüchterne 18jährige Carol (Catherine
Deneuve) ist Maniküre und wohnt bei ihrer Schwester Helen (Yvonne Furneaux) in
London. Deren Freund Michael (Ian Hendry) übernachtet oft bei Helen. Hochgradig
fasziniert verfolgt Carol die Geräusche seiner Liebesnächte mit ihrer Schwester,
hin- und hergerissen zwischen Angst, Verwirrung, Sehnsucht und Ekel. Während
seine Toilettensachen im Badezimmer sie mehr und mehr mit Brechreiz erfüllen,
beginnt Carol Zufälliges auf sich zu beziehen: das Gekreisch spielender Nonnen
von gegenüber, die wie Mumien wirkenden Frauen im Schönheitssalon, vertraute
Gegenstände, Geräusche - alles nimmt sie überscharf wahr, alles wird ihr suspekt
und widerlich. Ihre Umgebung wird für sie immer abstoßender.
Als Helen und
Michael verreisen, driftet Carol in die Taubheit von Isolation und Einsamkeit.
Einer Kundin sticht sie in einem reflexartigen Impuls einen Finger blutig und
wird entlassen. Scheinbar unberührt und apathisch geht sie nach Hause.
Schreckliche Halluzinationen suchen sie heim. In ihrer psychischen Auflösung
kapselt sie sich ab, flieht vor der Welt der Erwachsenen ins asexuelle Ich,
meidet ihren ratlosen Freund Colin (John Fraser), dessen Aufdringlichkeiten ihr
immer widerlicher werden. Als er in Sorge um sie ihre Wohnungstür aufbricht,
überkommt sie der schwarze Schleier des Ekels...
Drei Kinoposter, zwei Video-Cover und
DoLp-Filmsoundtrack. |