Auf ihrerer zweiten CD bei Musea "C'etaient de trés grands vents", eingespielt 1991 von Alain BALLAUD (b),Sylvette CLAUDET (v), Jean-Luc HERVE (g, harmonium, p), Michel Kervino (dr), Edward PERRAUD (dr), Véronique VERDIER (posaune) - eigentlich die erste, da "Les Morts Vonte Vite" 1986 auf LP erschienen ist, und erst Mitte der 90er als CD wieder aufgelegt wurde - mixen SHUB NIGGURATH weiter an ihrem "intensiven und komplexen Cocktail aus kraftvollem Bass, schreiender Gitarre, schrägem Piano, opernhaftem Frauengesang und hymnischen Posaunenklängen", aber im Vergleich zum Vorgänger mit in jeder Hinsicht reduzierten Mitteln.


Franck Fromy, Franck Coulaud, Veronique Verdier und Jean-Luc Herve. Rechts Frank Fromy live.

Mit Prog-Rock hat diese Musik eigentlich auch nichts mehr zu tun. Diese Platte bietet sehr eigenartige, unterkühlte, fast statische, mitunter reichlich komplexe Klänge, ist eher ein minimalistisches Dissonanzexperiment, eine Orgie an düsteren, fast krankhaften Kakophonien!

"Glaziations": Leise, Gitarrenklänge, dazu Schlagzeug- und Geräusch-Klingklang, ab und zu wuchtige Posaunentöne, 2x unterbrochen von repetitivem Gitarrengeschrammel / Schlagzeug - Krach und jaulenden Gitarrentönen am Ende. Sehr kalt und eisig. "Océan": Wohl das einzige Stück auf dieser CD, das etwas an "Les Morts Vonte Vite" erinnert. Nach gemächlichen Posaunentönen arbeitet sich die ursprünglich begleitende Gitarre immer mehr in den Vordergrund und zumindest im 2. Teil des Stücks erzeugen Bass und Schlagzeug dann, inmitten dieses Gitarrenlärms eine Art rhythmisches Rock-Gefüge.

"Prométhée": Zu vom Schlagzeug begleiteten, verstimmten Akkorden intoniert Sylvette CLAUDET so etwas wie ein Lied (könnte problemlos als ein 12-ton Lied der 2. Wiener Schule durchgehen), später schrammt noch der Bass dazwischen. Irgendwie traurig, düster, kalt, statisch.... letal? Tja und zum Schluss spielen alle mal eben durcheinander! Offenbar eine Art Kollektivimprovisation! Knirsch! Krach! Zerr! Jaul! HERWE bearbeitet seine Gitarre offenbar mit einem Geigenbogen, der Bass knurrt und rumpelt und die Posaune dröhnt dazwischen.....

Eine wahrlich bizarre Scheibe! Aber irgendwie hat das Ganze "etwas". Ein anstrengender Trip, durch düstere, ver(zer)störte und kalte Klanglandschaften. Man sollte das Teil wohl nicht all zu oft hören, aber alles in allem ist "C'etaient de trés grands vents" eine durchaus beeindruckende Einspielung. Für Durchschnittsproghörer ist diese CD bestimmt jenseits des Zumutbaren. So richtig empfehlen kann ich diese CD daher auch eigentlich nur unerschrockenen Hörern, die die Vorgängerscheibe wirklich klasse finden und zudem ein offenes Ohr für Klangexperimente und die zeitgenössische Avantgarde haben.


"Les Morts Vont Vite" 86 Lp, "Live" 89 MC, "C'Etaient De Tres Grands Vents" 91 CD, "Testament" 03 CD.

Autor: Achim Breiling.