"THE END OF AN EAR" '1971

Während der Aufnahmen zu "Third" wurde dem SOFT MACHINE Drummer wohl klar, dass sich der Stil der Band in eine Richtung entwickeln würde, die nicht unbedingt die seine war. Die Vokalparts würden verschwinden und die Musik zu einem rein instrumentalen Jazz-Rock werden, mit ausgedehnten Solo-Improvisationen und mitunter stark minimalistischen Elementen. Für WYATTs DaDa-artige Stimm- und Klangexperimente und aber auch für eher lyrische Songs a la "Moon in June" oder "Memories" war da kein Platz mehr. Daher verwirklichte er seine musikalischen Ideen zuerst auf diesem Solo-Album, und später, nach seinem Ausstieg bei SOFT MACHINE, mit seiner eigenen Band MATCHING MOLE.


Lp-Cover und Innenseite "The Ens Of An Ear", Motiv der italienischen Nachpressung.

"The End of an Ear" von 1971 ist keine leichte Kost. Die Scheibe bietet Experimente mit Stimmen und Klängen, ist teilweise stark am Free-Jazz orientiert und definitiv das Anspruchsvollste, was uns WYATT bisher hinterlassen hat. Wie man an den Songtiteln sieht, sind die meisten Stücke diversen Freunden und Kollegen von ihm gewidmet (Mark CHARIG, Bridget St. JOHN, Daevid ALLEN, Gilly SMITH, Nick EVANS, CARAVAN und Jimmy HASTINGS, Carla BLEY, Marsha HUNT und Caroline COON).

Die Platte beginnt gleich heftig mit einer ausgedehnten Improvisation über das Gil EVANS Stück "Las Vegas Tango", eine Dada-Collage aus Stimmen (kein Text, nur Töne, Zischen und Pfeifen) und Klängen, begleitet von Piano und einer ganzen Reihe von Perkussionsinstrumenten. Die Stücke 2-5 sind reine Free-Jazz Nummern, mit ausgedehnten Soli der einzelnen Mitspieler. Die Tracks 6-8 sind wieder Canterbury-typischer, kürzere Improvisationen und Experimente von WYATT und Mitspielern, meist ohne Gesang, elegisch-eintönig bis wirr-bizarr. Mit einer zweiten Improvisation auf "Las Vegas Tango", ähnlich dem ersten Track, aber mit weniger Schlagzeug und noch mehr Klang-und Stimmeffekten, unterlegt von Orgel und Piano, klingt diese seltsame Scheibe aus.


Daevid Allen, Robert Wyatt und Archibaldo. Fot: Phil Franks.

Ein etwas zerfahrenes Teil, diese Platte, irgendwie ohne klare einheitliche Linie. Die Free-Jazz-Nummern sind grandios gespielt, aber wohl nicht jedermanns Sache. In den restlichen Stücken kommt WYATTs Experimentierfreude zum Ausdruck. Diese Kompositionen sind recht beeindruckend, doch reichlich anstrengend, insbesondere die beiden "Las Vegas Tangos".

Fazit: "The End of an Ear" ist ein interessantes Teil, das wichtige Einblicke in die Geschichte des Canterbury Stils, der Entwicklung von SOFT MACHINE und Robert WYATTs bietet.


  "Arauco/Caimenera" Sp'80, "Miniatures" Kompilation DoLp'80, "Chairman Mao" Sp'81, "Shipbuilding/Memories Of You" Sp'82.

Autor: Achim Breiling: www.babyblaue-seiten.de