"KÖHNTARK LIVE" - 1975

Die Musik der französischen Band MAGMA ist, sowohl mit der wortwörtlichen Übersetzung als "heiße natürliche Gesteinsschmelze aus dem Erdinnern" oder auch der Beschreibung des Bandgründers "als Spiegel, indem jeder sehen kann, wer er ist" so trefflich abgehoben erklärt, wie sich diese Musik aus einer anderen Dimension dem Zuhörer beim Anhören präsentiert.


Cover der originalen und japanischen DoLp-Version der besprochenen Platte "Magma Live-Köhntark".

Als ich vor einiger Zeit deren Studiowerk "Üdü Wüdü" zum ersten Mal hörte, war ich im ersten Augenblick eher verwirrt, fast schon geschockt, angesichts obskurer unverständlicher Kunsttexte und deren traumatische Untermalung in noch nie zuvor gehörter Umsetzung. Es dauerte nicht lange, und der CD-Player wurde schnellstmöglich von dieser Teufelsmusik befreit, mit Weihwasser besprüht und der Beelzebub ausgetrieben. Es gingen zwei Jahre ins Land, und gestählt durch unzählige abgedrehte Alben, war es an der Zeit dem Mythos MAGMA nochmals zu begegnen. Und siehe da, auf einmal gewann vor allem ihr Livealbum von 1975 "Köhntark" Dimensionen, die mir beim ersten, überhasteten Anhören verborgen blieben.

Sicherlich sind die Klänge der Franzosen alles andere als leichte Kost, und lassen sich auch nur schwer kategorisieren. Adjektive wie mystisch, hypnotisch, ekstatisch, traumatisch oder avantgardistisch umschreiben einen Teil der Elemente in ihrer Musik, können aber doch nur unzureichend den wahren Reiz der einmaligen Magie beschreiben.


Diedier Lockwood mit seiner Geige.

Bei diesem Livemitschnitt aus einigen Konzerten in Paris des Jahres 1975 treten besonders zwei typische Stilmerkmale in den Vordergrund. Zum einen die rhythmischen, außergewöhnlich klingenden Gesangspassagen, sowie zum anderen die exzessiven Solodarbietungen von Didier LOCKWOOD an der Violine, und natürlich die bis an die Grenze der Belastbarkeit der Felle gehende Bearbeitung des Schlagzeugs, durch den Bandkopf Christian VANDER.

Monotone, sich ständig wiederholende "Melodie"-Linien, werden fast schon bis zum musikalischen Überschlag gesteigert. Irres Tempo, überdrehte, bis an den Wahnsinn gehende Instrumentalpassagen türmen sich auf, um einen geradezu hypnotischen Reiz zu versprühen. Die Experimentierfreudigkeit geht für den Normalhörer teilweise sicherlich über das Erträgliche heraus.

Für experimentierfreudige Gemüter und Freunde exzessiver, sich steigernder Tonfolgen, eröffnet MAGMA völlig neue Horizonte. Wer mal die Chance hat, sollte sich unbedingt mindestens ein Stück von Magma anhören - ich empfehle "Mëkanïk Zaïn" als Einstiegsdroge - um sich so ein Bild von einer der außergewöhnlichsten Bands mit einem wirklich typischen Sound machen zu können, oder sei es nur, um es wenigstens einmal gehört zu haben.

Autor: Kristian Selm


Christian Vander.